Wider die Verklärung der Exklusion

Dieser Kommentar wurde auf Instagram wegen ‘unpassender Formulierungen’ abgelehnt und er bezieht sich auf diesen Beitrag der Bekleidungsproduzentin “manomama”: https://www.instagram.com/p/BfagzHyl9Nq/?taken-by=manomama — Vermutlich ist ‘eine Einstellung haben’ für das Lifestylenetzwerk nicht bequem genug.

Mela Eckenfels
2 min readFeb 23, 2018

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Ich kann diese “Aber die sind da _so_ glücklich!”-Geschichten nicht mehr hören. Fakt ist: Arbeitsämter drängen im Verbund mit anderen Organisationen auch Menschen mit schweren Depressionen oder Autisten in Werkstätten, die weder kognitiv noch manuell eingeschränkt sind und die locker auch auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten könnten. Aber es wird verhindert weil es einerseits bequemer ist und andererseits weil die Werkstätten für die Wohlfahrtsunternehmen ein riesen Geschäft sind. Ein Geschäft, dass sie auch mit Zähnen und Klauen verteidigen, nämlich gegen Ansätze von Arbeiterselbstvertretung, sprich Gewerkschaften, und jeglicher anderer Form von Selbstbestimmung. Es wurden erst kürzlich Arbeiter einer Werkstatt sanktioniert, die sich lediglich eine andere Werkstatt angesehen haben, weil sie mit den Bedingungen in ihrer eigenen Werkstatt nicht zufrieden waren. Ich kenne auch Berichte u.a. von einer blinden Lehrerin, bei der versucht wurde, dem potenziellen Arbeitgeber geradezu auszureden, sie anzustellen, weil das doch so viel Arbeit machen würde und in einer Werkstatt sei sie doch besser aufgehoben. Solche Strukturen stützt man, wenn man Werkstätten unterstützt und dort produzieren lässt. Werkstätten sind auch das Parallelsystem, dass nach der UN-BRK eingestellt werden _muss_. Knapp zehn Jahre nach Unterzeichnung ist Deutschland auf diesem Weg noch keinen Schritt weiter. Auch weil das System mit Zähnen und Klauen von den Wohlfahrtsverbänden verteidigt wird. Weil es, ich wiederhole mich, ein Riesengeschäft ist. Das ausgerechnet manomama die Arbeit und Forderungen von Behindertenorganisationen (denen, von behinderten Menschen selbst, nicht jene, die sich anmaßen für MmB zu sprechen) ignoriert und hier einen auf mächtig wohltätig macht, ist nicht akzeptabel. Ich persönlich kaufe von Unternehmen, die in Werkstätten produzieren lassen, nichts. Wer wirklich etwas für Menschen mit Behinderungen tun will, der holt sie auf den ersten Arbeitsmarkt, der zahlt ihnen anständige Löhne, der holt sie in seine Unternehmen und der schiebt sie nicht an den Stadtrand ab, wo wir nur von den Mißständen erfahren, wenn mal wieder ein Wallraff in einer Werkstätte inkognito ermittelt oder eine abbrennt und die Menschen wegen miserabler Sicherheitsvorkehrungen darin verbrennen.

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Mela Eckenfels

Author. Nerdy, dorky geekgirl. Kann Spuren von Politik und Nischenthemen enthalten. Autismus, Geschichte. Patreon: https://mela.geekgirls.de/unterstuetzen/